Es scheint seit jeher Sitte zu sein, dass sich die Alten in einer Gesellschaft über die faule und nichtsnutzige Jugend ärgern. Das Gejammer über die arbeitsscheue und hedonistische Jugend ist groß:
“Die heutige Jugend kann sich nur noch amüsieren und hält nichts von Arbeit.”
“Die heutige Jugend beschäftigt sich nur noch mit Videospielen.”
“Die heutige Jugend treibt sich nur noch auf Facebook rum.”
“Wir leben in einer Spaßgesellschaft.”
Wer kennt solche oder ähnliche inhaltsleere Sprüche nicht? Zudem wird der Gesellschaft insgesamt gerne aus berufenem Mund ein ungesunder Jugendwahn unterstellt. Jugend und Jugendlichkeit zählt angeblich alles, Alter und Erfahrung nichts und alte Menschen werden vermeintlich an den Rand der Gesellschaft gedrängt.
Wenn man sich allerdings mal ein bisschen umschaut, zeigt sich glaube ich ein anderes Bild:
Die Jugend heutzutage sieht sich größerem Erfolgsdruck ausgesetzt als die Generationen vor ihr. Junge Menschen nutzen aber auch oft die Möglichkeiten, die ihnen neue Technologien bieten. Sie lernen eigenständig und ohne festen Lehrplan. Junge Menschen gründen erfolgreiche Unternehmen, die alt eingesessenen Konzernen Konkurrenz machen.
Das alles macht der – mehrheitlich – älteren Bevölkerung möglicherweise Angst. Ältere fühlen sich zum Einen durch Veränderungen und Neuerungen bedroht und stellen dabei doch zugleich die Mehrheit der Bevölkerung. Deutschland wird mehrheitlich von alten Männern regiert. Die Alten sind bei Wahlen in der Mehrheit und bestimmen so die gesellschaftliche Entwicklung. Deutschlands große Volksparteien sind Altherrenparteien – CDU und SPD haben beide einen Altersdurchschnitt von respektablen 59 Jahren und gehören damit eigentlich selbst schon in den vorgezogenen Ruhestand.
Das alles spiegelt sich in der gesellschaftlichen Entwicklung wider: Die deutsche Gesellschaft ist zutiefst konservativ. Es geht um Werteerhalt und Besitzstandswahrung. Es geht um Rente für die Alten auf Kosten der Jungen. Altenwohnungen statt Spielplätzen oder Jugendzentren. Kurz: Deutschland ist zur Gerontokratie geworden.
Wenn diese Gesellschaft eine Zukunft haben soll, muss sie sich denke ich wieder mehr auf Chancen und Möglichkeiten der jüngeren Generationen konzentrieren und diese nicht als bloße Rentenbeitragszahler, als Zahnrädchen im Sozialstaat wahrnehmen. Sie muss Spiel, Spaß, Irrtum und Fehlschläge als notwendige Rahmenbedingungen für Fortschritt wahrnehmen.
Oder wie Tanja und Johnny Haeusler (Spreeblick) es auf der diesjährigen re:publica so treffend ausgedrückt haben: Applaus für diese Jugend!